Bevor zum heutigen Inhalt komme, möchte ich erst noch ein paar Zeilen zu meinem Alltag schreiben, konkret zum Thema Musik. Ich bin jetzt schon ein paar Mal mit in Kokkies Auto gefahren und bin oft auf ein Bier bei ihr und Jan in der Lapa. Dort habe ich dann immer wieder mal afrikaanse Musik gehört, bei der ich immer wieder dachte: Das kenn ich doch. Also habe ich mich nun heute Morgen hingesetzt und habe Kokkie eine CD mit deutschen Schlagern gebrannt. Ich sage nur Ibo, Jürgen Drews, Costa Cordalis, DJ Ötzi und Udo Jürgens. Sie war ganz aus dem Häuschen und diese CD dudelt nun in einer ohrenbetäubenden Lautstärke über das ganze Grundstück. Wie gut, dass keine Gäste da sind. Für alle, die mich nicht ganz so gut kennen, ich hasse Schlager! Der eifrige Leser wird sich nun bestimmt fragen, wieso hat sie dann so eine Musik? Nun, ich habe doch eine zeitlang in einer Kneipe den Karaokeabend musikalisch begleitet und da braucht man auch den ein oder anderen Schlager.
Nun gut, ich sitze hier nun und erwische mich immer wieder, wie ich Ein Bett im Kornfeld oder Ole wir fahrn in Puff nach Barcelona mit singe. Schrecklich!
Aber nun mal zum Thema des heutigen Berichtes. Ich werde immer wieder gefragt, was machst du überhaupt in Parys, was ist deine Aufgabe und erzähl doch mal ein bisschen. Also gut! Aber habt bitte Verständnis, dass ich nicht allzu tief ins Detail gehe, denn ich habe schließlich eine Schweigepflichterklärung unterschrieben.
Ich arbeite in einem Dare Care Centre, so was wie eine Tagesstätte, für Kinder, die durch die Krankheit AIDS zu Waisen geworden sind. Es gibt in Südafrika keine oder kaum Waisenhäuser wie wir sie kennen. Hier leben Waisen bei der Großmutter, Tante, älteren Geschwistern oder anderen Familienangehörungen. Da diese Familienangehörigen meist selber krank und/ oder arbeitslos sind und die Waisen oft keine oder kaum eine Waisenrente bekommen, ist die familiären Situation mehr als katastrophal. Die Kinder tragen zerrissene Kleidung, haben oft keine Schuhe und das tägliche Essen ist häufig sehr karg oder fällt ganz aus. Dies gilt ebenso für die medizinische Versorgung. Es gibt zwar in Südafrika free-health-care, dass heißt, das die medizinische Grundversorgung kostenlos ist, allerdings sind die Kliniken überlaufen und nicht flächendeckend angesiedelt. Die Wege sind oft sehr weit und die Großmütter schaffen den Weg nicht.
Um diese Situation etwas aufzufangen, hat der ASB ein Day Care Centre im Township Tumahole errichtet. Im Centre arbeiten 5 Frauen (Josephine Managerin; Evodia Verwaltungskraft; Anita Reinigungskraft; Alina und Maria beides Köchinnen) und Isaak (Nachtwächter). Das Centre ist der Zeit von 6:45 16:00 Uhr geöffnet und bietet 196 registrierten Kindern Frühstück und warmes Mittagessen. Die Kinder sind im Alter von 3 17 Jahren, sind sowohl HIV positiv als auch negativ. Jetzt haben wir gerade 3 neue Kinder aufgenommen, wo bei zwei Kindern eine TB vermutet wird. Ziel der Einrichtung ist es, den Kindern gutes Essen, Erziehung und ein Heim zu bieten, weiterhin sollen die Angehörigen entlastet werden.
Nun komme ich zu meiner Aufgabe. Mein Auftrag ist die Kontrolle und Steuerung dieses Projektes. Und nun wird es etwas kompliziert. Das Centre ist ein eigenständiger Verein, der sich aus der monatlichen fixen Spende des ASB finanziert. Der ASB hat mich nun hierhin gesandt um sozusagen zu kontrollieren, dass das Geld auch wirklich bei den Kindern ankommt und sinnvoll verwendet wird. Klar werden von der Spende auch die Gehälter des Personals und die Betriebskosten bezahlt, aber der Löwenanteil soll für die Versorgung und Betreuung der Kinder benutzt werden.
Meine Aufgabe ist nun sehr vielseitig. Ich bin in gewisser Hinsicht Buchprüfer, Finanzoptimierer, Kontrolleur, Einkaufsberater, Animateur, Sozialarbeiter, Berater in Erziehungsfragen, Mentor für die Ladies, Anleiter für Kinderbeschäftigung, Kundschafter, Recherche-Betreiber, Spion für Deutschland also eigentlich Mädchen für alles.
Im Moment habe ich mein Hauptaugenmerk auf die Finanzen gerichtet, denn da läuft nicht wirklich alles rund. (Mehr kann ich dazu nicht sagen)
Wenn der Bereich der Finanzen abgeschlossen ist, werde ich mich in den Bereich der Kindererziehung und beschäftigung begeben, denn im Moment wird im Centre nur das warme Essen gereicht und die Kinder sind zum großen Teil auf sich selber gestellt. Ich denke, dass man hier noch einiges verändern und optimieren kann. Aber alles der Reihe nach, denn im Moment kratze ich schon sehr an der Kompetenz der Ladies und die lassen mich das auch spüren. Vorne rum sind alle nett und freundlich aber hintenrum muss man Angst haben, dass Steine nach einem geworfen werden.
Ich hoffe, ich konnte Euch allen einen kleinen Einblick in mein Arbeitsfeld geben.
Ich wünsche Euch allen ein schönes Wochenende, schicke Euch allen ein paar wärmende Sonnenstrahlen, denn davon habe ich mehr als genug und werde Euch weiterhin mit Impressionen meines Lebens füttern.
Der Bericht über die Männer in Südafrika wird noch etwas warten müssen, denn darüber gibt es einfach nichts zu berichten.
Erläuterungen:
- Lapa: eine Art Schrebergartenhaus mit offener Feuerstelle, Tresen und Reetdach
- Township: Wohngebiet/ Siedlung, in der nur Schwarzer und Farbige leben siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Township_%28S%C3%BCdafrika%29
- Tumahole: Name des Townships, das an der Grenze zu Parys liegt