Archive for Februar, 2008

Todesfall – case of death – lefu

Sonntag, Februar 24th, 2008

1.JPGMeine lieben und treuen Leser und Freunde, das heute Kapitel möchte ich einem ganz besonderem jungen Mann widmen. Mongezi Majola.

Mongezi ist eins meiner liebsten Kinder, er fiel mir recht schnell durch seine offene Art auf. Viele meiner Kinder sind doch zunächst einmal zurückhaltend und etwas scheu. Mongezi nicht. Ich sah in zum ersten Mal am kleinen Kiosk gegenüber des Day Care Centers wie er heimlich rauchte. Es stellte sich heraus, dass er die Schule (Klasse 10) geschmissen hat, von zu Hause weggelaufen ist, raucht, trinkt, die ein oder andere Droge probiert hat und sich durch das Township „schläft“. Kurzum, ein Sorgenkind. Nach vielen vielen Gesprächen mit ihm, kehrte er wieder zu seiner Mutter zurück, besuchte die Schule wieder, hörte mit dem Rauchen, Trinken und den Drogen auf und machte einen HIV-Test. Dann begann das warten und zittern auf das Testergebnis. Auch wenn es ihm nicht äußerlich anzusehen war, so bangte er doch sehr wegen des Ergebnisses.
Er wollte, egal wie das Ergebnis ausfiel, sein Leben weiterhin auf dem richtigen Weg bestreiten. Klar hatte er viele Probleme mit seinem Umfeld, denn er war anderes als die anderen, er war verzaubert, oder anders formuliert er war schwul.
Dem aufmerksamen Leser wird aufgefallen sein, dass ich von ihm in der Vergangenheitsform schreiben. Das ist leider richtig, denn der tolle Junge ist Vergangenheit.
Mongezi wurde am 19. Januar auf brutale Art und Weise vergewaltigt, ihm wurde der Schädel mit Steinen und Knüppeln eingeschlagen und er wurde mit einem Messer aufgeschlitzt. Er hat diese abscheuliche Tat nicht überlebt, er starb noch am Tatort durch verbluten. Es half im keiner, keiner rief die Polizei und die Ambulanz wurde erst nach Stunden alarmiert.
Mein Mongezi ist ganz alleine mitten im Township verblutet.

Schlimm ist daran auch noch, dass er eine Woche zuvor sein Testergebniss erhalten hat und er HIV-negativ war…..

Mich traf sein Tod sehr tief. Ich besuchte seine Mutter, eine wahrscheinlich HIV-positive Witwe mit 3 weiteren Kindern, arm wie eine Kirchenmaus in ihrer kleinen Wellblechhütte.
Die Blechwände sind innen mit Prospekten von Sonderangeboten tapeziert, die Familie schläft wohnt, kocht und schläft in einem Raum, in dem nur die Tür und eine kleine Fensterluke ist.
Die Mutter ist so arm, dass sie ihren Jungen nicht beerdigen konnte. Das Day Care Center kümmerte sich somit um die Beerdigung, wir handelten einen guten Preis für die Beerdigung aus, orderten Blumen, eine Tafel für das Grab und kauften ihm eine neue Schuluniform, die Mongezi im Sarg tragen konnte.
Seine Mutter war so dankbar, dass sie mich in den Kreis der Familie aufnahm und sie mich hoch offiziell zur Beerdigungszeremonie, der Beisetzung und dem „Leichenschmaus“ einlud.
Ich nahm diese Einladung geehrt an, allerdings wurde diese Einladung dann noch ausgedehnt, denn ich bin ja ein Teil der Familie und die Familie nimmt am Tage der Beerdigung noch Abschied vom offenen Sarg. Und diese Einladung konnte ich nun nicht ausschlagen, denn ich bin ein Teil der Familie.
Am Samstag, den 26. Januar war dann der Tag der Beerdigung und ich hatte am Morgen den schwersten Gang meines Lebens. Ich hoffte darauf, dass die Behausung der Mutter sehr dunkel sei und das Mongezis Körper ausreichend gekühlt wurden innerhalb der Woche zwischen seiner Ermordung und der Beerdigung. Weiterhin hoffte ich auf das Können des Bestatters.
Alle meine Wünsche wurden leider nicht erhört, mir wurde am offenen Sarg eine Kerze gehalten, der Körper wurde nur unzureichend gekühlt und der Bestatter konnte nicht viel für ihn tun.
Ich sprach dann schnell mein Gebet für ihn und flüchtete so schnell es mir erlaubt war nach draußen.
3.jpgIch hatte nun noch die Trauerfeier im Zelt auf dem mütterlichen Grundstück vor mir, wo ich noch eine Trauerrede halten sollte. Dies war allerdings auch sehr schwer, denn der Sarg stand zwei Stunden etwa ein Meter neben mir.
Nach der Trauerfeier fuhren wir dann in einem großen Konvoi zum etwa 8 Kilometer entfernten Friedhof auf dem Mongezi unter großer Anteilnahme mit vielen Gesängen und Gebeten bestattet wurde.
Zurück im mütterlichen Haus gab es dann noch den „Leichenschmaus“, der aus Maisbrei, Rind, Kürbis und rote Beete bestand.

Um 13 Uhr, nach insgesamt 6 Stunden konnte ich nach Hause zurück, wo ich mich erstmal erholen musste.
Rückblickend muss ich sagen, dass dieser Tag einer der bewegendstens in meinem Leben war. Die Gesänge der Trauernden, die Anzahl der Abschied nehmenden und die unzähligen Trauerreden werden mich, wie auch der Anblick meines toten Mongezis, mein Leben lang begleiten.

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