Archive for Oktober, 2007

Die ersten Tage

Samstag, Oktober 13th, 2007

Den restlichen Freitag und das Wochenende verbrachte ich
damit das Land – also die nächsten 6-7 Blocks – und die Leute genauer unter die Lupe zunehmen. Ich entschied mich dazu, da ich eh noch ein paar Dinge des täglichen Lebens und ein paar Rand abheben wollte, dies außerhalb eines kleinen Archipels zutun.

Mein Polo

Kurzer Hand schnappte ich mir meinen Polo, setzte mich auch auf der Richtigen Seite hinters Steuer aber griff prompt über meine linke Schulter um nach dem Sicherheitsgurt zu greifen. Diese total dämlich aussehende Geste sollte mir in den nächsten Tagen noch einige Male passieren. Ich fuhr dann wie eine Fahranfängerin rückwärts aus der langen, schmalen und total Zugeparkten Einfahrt und murmelte die ganze Zeit wie eine beschwörende Voodoformel
„left“ „left“ „left“. Ging gut, denn ist gar nicht so einfach  rückwärts aus einen Tor zu
kommen und prMein Carportompt die richtige Fahrspur zu treffen. Diese Voodoformel ist beim Abbiegen oder beim Verlassen von Parkplätzen noch mein ständiger Begleiter. Ich hoffe, dass der Voodozauber eine schützende Hand über mich hat, wenn ich auf diesen Straßen unterwegs bin. Horror. Stopp heißt nicht gleich stopp, pah war da eine Ampel die unverschämterweise rot anzeigte – nicht gesehen. Hier scheint die ganze Stadt ein einziger Zebrastreifen zu sein, wer weiß. Ich hab erstmal den Schutzengel, den ich von meiner Mutter bekommen habe, an den Autoschlüssel gemacht. Sicher ist Sicher!

Ich kenn nun schon 3 der zig Supermärkte. Mein erste Begegnung mit hiesigen Supermärkten war „Shoprite Parys“ Philip Ecke Venus Street. Hier hatte ich zusammen mit „allen“ Angestellten viel Saß, denn meine deutsche Kreditkarte lässt sich nicht wie die hiesigen durch einen „Schlitz“ ziehen sondern muss in das Lesegerät gesteckt werden. Diese Technik scheint hier völlig unbekannt und extrem spannend gewesen sein. Aber nun kennt man mich wenigstens. Vielleicht darf ich ja in das goldene Stadtbuch schreiben oder bekomme einen goldenen Einkaufskorb.

In den anderen beiden Supermärkten (Spar und Pick `n Pay – bis jetzt mein Liebling- Supermarkt) gab es auch so einen Auflauf als ich bezahlen wollte.

Was mich aber sehr erstaunt hat ist, dass hier Toilettenpapier in einzeln verpackten Rollen verkauft werden und diese werde von den Menschen gekauft. Einzeln, also immer nur eine Rolle. Hmm, was sagt denn dies aus? Klopapier ist kostbar? Immer nur ein Blatt? Man geht hier nicht kacken? Oder noch schlimmer, man benutzt es nicht immer? Ich mag mir dazu eigentlich keine weiteren Gedanken machen!

Auf jeden Fall sind hier Gemüse, Wurst und Molkereiprodukte sehr teuer, teilweise teurer als in Deutschland. Und Brot, eine Geschichte für sich! Weiß, soft & pappig! Aber ich habe immerhin schon ein Brot entdeckt was dunkel, soft & pappig ist.

Das Leben besteht aber nicht nur aus Einkaufen. Es gibt beispielsweise noch den Pool. Den habe ich bereits getestet. Sooooooo kalt war das Wasser, aber ich habe durchgehalten und 22 Bahnen geschwommen. Hmm, jetzt müsste man nur wissen wie lang eine Bahn ist. Ich gehe sie mal ab, aber nicht jetzt, denn da hab ich mal durchgerungen zu dem in aller Munde seienden Festival zugehen und dann, es blitz donnert und regnet. Aber so, dass man direkt mit dem Bau der Arche beginnen möchte. Ach nennt mich einfach Noah!

Den nun folgenden Abschnitt widme ich allen Tierfreunden und denen, die sofort bestimmte Klischees vor Augen haben, wenn es um das südliche Afrika geht. Steffi und die wilden Tiere. Ja, es gibt sie wirklich, die wilden Tiere. Und ich hab sie schon gesehen, direkt vor meiner Tür. Mit welchem fang ich an, mit dem größten, mit dem kleinsten. Ach ich weiß auch nicht. Ich zähle mal wahllos auf. Am meisten beeindruckt hat mich die grasgrüne Gottesanbeterin, die direkt vor meiner Tür die Mauer hochgeklettert ist. Ungewöhnlich sind auch die vielen Fledermäuse, die in der Abenddämmerung um das Haus flattern und die in dem Zwischenraum zwischen dem Dach und der Zimmerdecke wohnen. Am gefräßigsten sind allerdings die Milliarden Moskitos, die auch bei mir wohnen. Morgens werde ich gegen 5 Uhr von zartem bis nervigem Vogelgezwitscher geweckt. Die zarten Stimmchen gehören einem Vogel(ehe)paar, das wie kleine Bachstelzen aussehen und ein Nest mit Brut haben. Wie schön dass ich durch einen dummen Zufall zu Hause nachgesehen was Vogelnest heißt, diese Vokabel habe ich direkt am zweiten Tag gebraucht. Für alle, die meinen, sie könnte diese Vokabel auch mal benötigen und kennen sie nicht – voila – bird’s nest bedeutet Vogelnest. Ist also nicht so schwer.

Zu den etwas kleiner Tieren gehören diverse Käfer, Fliegen, Spinnen und andere Insekten wie Motten, die entweder faul im Pool liegen – oder sind sie etwa Tod? – oder sich todesmutig in die elektrische Insektenfalle stürzen und dort dann gegrillt werden. Sieht ein bisschen wie ein Feuerwerk aus und macht aber ein ganz fieses Geräusch. Nun aber flott zu dem größten Tier, das total gefährlich im Garten lag. Eine grau-getigerte Katze, die sich in der Sonne putzte. Sorry, wenn ich jetzt den ein oder anderen enttäuscht oder gelangweilt habe, aber ist nun mal ein Stück Realität, dass ich morgens nicht von einem schielenden Löwen wach geleckt werde.

Das Wetter in South Africa ist einzigartig. An einem Tag denkt man die Welt geht unter bzw. versinkt in den Fluten und am anderen Tag ist der Himmel strahlend blau, keine Wolke am Himmel und die Sonne scheint also ob nicht gewesen wäre lediglich das Gras ist noch etwas feucht.

Sonntags gibt es ein besonderes Frühstück. Omeletts gefüllt mit gebratenen Zwiebeln, Tomaten und Wurstscheiben. Ich frage mich in anbetracht der Menge, wer das alles essen soll und ob alle besser privilegierten – mir fällt kein besseres Wort ein – einen hohen Cholesterinspiegel haben, Herzinfarkt gefährdet sind oder ähnliches. Ich schaffe diese Portion auf keinen Fall und habe bis zum Nachmittag keinen Hunger. Ich bin einfach papp-satt. Dazu gibt es „strong-koffie“, was sich als Jakobs Instant Kaffee herausstellte. Ich trinke ihn papp-süß mit viel Milch, wenn schon denn schon. Kokkie sagt, dass nach dem Samstagabend das Wochenende schon vorbei ist. Ich denke, sie meint damit, dass man hier in Parys nicht wirklich viel unternehmen kann. Aber das will ich ja auch nicht. Ich denke, ich fahre mal ein bisschen zum Vaal raus. Als ich Kokkie das erzählte schaute sie mich ganz skeptisch an. Scheinbar gibt es dort nicht zu sehen oder so. Ich werde berichten.

Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass Kokkie ein Spitzname ist? Sie heißt irgendwie ganz anders und Kokkie ist in Afrikaans ein kleiner viel zwitschernder Vogel. Ich finde der Spitzname passt ganz gut, mein es aber nicht böse.

Morgen fängt ein neuer Abschnitt an. Ich werde zum ersten Mal nach Tumahole in das Daycare Centre fahren. Bin schon ein bisschen aufgeregt, denn ich habe nicht die leiseste Vorstellung was mich in Wahrheit dort erwartet. Ok, die Eckdaten kenn ich. Etwa 150 Kinder deren Eltern in den meisten Fällen an AIDS verstorben sind, 5 Mitarbeiter und eine Kultur, die einfach ein bisschen anders tick. Hinzu kommt die Sprachbarriere. Ich kann kein Afrikaans, geschweige denn Sesotho und mein und deren Englisch wird sich bestimmt hervorragend ergänzen. Obwohl ich hätte nicht gedacht, dass mein Englisch so gut ist. Kann mit den Houseguest über Kindererziehung, Mitpreise, Wetter und Krokodilen in Flüssen plaudern.

Habe ich schon erwähnt, dass das hier ein komisches Land ist? Nebst, dass die hiesigen Menschen Toilettenpapier einzeln kaufen, gibt es hier tatsächlich Müllbeutel, die parfümiert und farbig sind. Im Guesthouse sind die Mülltüten lila und duften nach Lavendel. Es gibt aber auch gelbe mit Tropic-Duft, grüne die nach Apfel riechen und so weiter.

Krass finde ich auch, dass ich mir Gedanken mache, wie ich mit dem Kontrast, in diesem House zu leben und in Tumahole arbeiten, umgehe und Kokkie sagt mir, dass sie später mal eine Wasserprobe vom Pool nehmen muss um es analysieren zu lassen, denn irgendetwas würde nicht stimmen, denn das Wasser wäre nicht richtig blau. Es gibt hier wirklich zwei Welten. Aber ich genieße es ja auch, denn ich nutze den Pool und alle anderen Annehmlichkeiten. Komme mir gerade etwas schäbig vor. Aber die Alternative wäre im Township wohlmöglich in einem mokhukhu zu leben, war natürlich unmöglich und vielleicht auch zu gefährlich wäre. Ich versuche einfach, bescheide zu sein, meine Energie ins Daycare Centre zuinvestieren und mich nicht wie der naive, dekadente Tourist zu verhalten. Ich denke dies ist schon eine Menge wert.

Der erste Morgen

Freitag, Oktober 12th, 2007

Ich hatte zum Glück ausgemacht, dass ich den ersten Tag mal langsam angehen werde. Nachdem ich ausgeschlafen hatte habe ich dann festgestellt, dass die aircondition im Flugzeug mir mal einen kleinen Schnupfen verpasst hat.

Im Haupthaus nahm Kokkie mich freundlich in Empfang und machte mir ein typisches Frühstück: Boerewors, Spek and Gebak Eiers. Dazu gab es Roosterbrood, Botter, Lemoensap und Koffie met melk. Nachdem ich das ganze Haus, den Garten und den Pool angeschaut habe, hielt ich noch einen kleinen Schwatz mit Kokkie und Jan über die „Nationalsportarten“, die hier Ruckby und Cricket sind. Die beiden können die deutsche Schwärmerei für Soccer – unseren guten Fußball – nicht nachvollziehen, glauben aber, dass die WM 2010 sehr gut für Südafrika und das Ansehen des Landes ist.


Die Ab- bzw. Anreise

Donnerstag, Oktober 11th, 2007

Um ja nicht zu verschlafen habe ich beschlossen, die Nacht durch zumachen. Dem entsprechend müde ja ich dann auch morgens um 04:45 Uhr als die kleine Familienabschiedszene losging. Eigentlich wartete ich auf noch ein paar gut gemeinte Ratschläge aber – oh Wunder – sie blieben aus. Mo fuhr mich zum Flughafen, mein Koffer wog dann tatsächlich 22,5 kg, aber wurde ohne großes Trara befördert. Und nun hatte ich noch fast 2 Stunden Zeit bis „boarding“. Also nach dem bisher teuersten Latte Macciato im KaDeWe bestellte ich mir nun den teuersten Latte Maccioto am Flughafen und knöpfte mir das kleine schwarze Buch vor, was mein Bruder mir als Abschiedsgeschenk von allen in die Hand drückte. Ok, es war nicht nur der teuerste Latte sondern dann auch der salzigste. Muss schon ein merkwürdiges Bild gewesen sein.

Der Flug an sich war turbulenzenlos allerdings hat KLM es sich scheinbar zur Aufgabe gemacht, die Fluggäste mit dem Essen zu beschäftigen und damit meine ich nicht, dass es rund um die Uhr Essen gegeben hat, sondern dass das was es zu Essen gab nicht wirklich erkennbar war. Weder vom Geschmack noch vom Aussehen. Der Knaller waren die Salate, entweder waren es farb- und geschmackslose Radieschen-, Rettich- oder Wasserkastanienscheiben zusammen mit Staudensellerie, Erben und Schinkenstücken. Dazu gab es kleine Beutelchen mit Toppings, wahlweise fried Onions oder dried Passionsfruit. Hmm, wer’s mag….

Schön war auch die Frühsporteinlage in Amsterdam. Mein Cityhopper – nicht lachen, so hieß das Ding wirklich – hatte es doch tatsächlich geschafft auf einem 45 minütigem Flug eine Verspätung von 45 Minuten einzufliegen. Das schafft nicht mal die Deutsche Bahn. Nun gut, das doofe daran war, dass nun seit einer Stunde „boarding“ war, ich wie eine Bekloppte von dem Gate C1 in der Zone T2 innerhalb von max. 10 Minuten zu Gate F8 in der Zone T8 rennen musste. KLM hat dafür einen schönen „Amsterstam Airport Walker“ mit gates and distance mir zur Verfügung gestellt. Hmm, sie veranschlagen für diese Distanz eine Dauer von 26 Minuten. Im Cityhopper stellte sich mir nun die Frage: Ist das wohl zu schaffen? Meine Lieben, es geht. Man muss nur schnell, rücksichtslos und dreist sein. Dreist um sich an der Schengen-Grenzpassage vorzudrängeln und dem netten Zöllner mal Dampf unter dem Hintern zumachen. Ich war zwar die letzte an Board aber an Board.

Tja, ich war zwar an Board aber eigentlich wollte ich doch noch eine rauchen und was viel schlimmer war, ich wollte/ muss doch zum Klo. Also verschieben wir das mal auf die Zeit nach dem Start.

Die Dame neben mir trank entweder Weißwein, schlief oder trank Weißwein oder schlief. Wenn man eine volle Blase hat, ist das schlafen der Dame neben einem – die ja am Gang saß, während ich am meinerseits verhassten, sonst allseits beliebten Fensterplatz saß – echt lästig. Ach was sollst, dann muss man halt warten, bis sie Weißwein trinkt, dann ist sie zwar angesäuert, dass sie den kleinen Tisch, wo die Piccoloo-Flasche und das original KLM Plastikbecherchen mit dem Schriftzug „Coca Cola“ drauf steht, hochklappen muss und ihr lecker Weinequipment so lange festhalten muss. Aber mir doch egal, denn ich ‚’muss’ halt und die Blase drückt wirklich.

Ich will euch an dieser Stelle von der Beschreibung des Flugzeug-WC verschonen, aber eins muss gesagt werde. Es gibt ja Leute, die prahlen mit Geschichten, dass sie schon mal Sex im Flugzeug-WC hatten. Nee klar, die meinen bestimmt nicht diese WC’s wo man bereits mit runtergelassenener Hose rückwärts rein muss, oder? Bin ja kein Spanner, aber DAS will ich sehen, Sex im Flugzeug-WC. Keine Angst, ich will nicht noch als dritte Person in diese winzige Kabine. Ich bleib einfach im Gang stehen, die Türe wird eh nicht zu gehen!

Genug davon, oder soll ich noch ein bisschen über Flugzeug-WC’s in ausgebuchter Maschine auf einem Langstreckenflug schreiben? Ach nee, vielleicht an anderer Stelle zu einem späterem Zeitpunkt. […]

Dafür hier lieber einen kleinen Eindruck meiner Aussicht aus dem Flieger:

Blick auf die Alpen

[…] Auch als die Blase leer war, war an Schlafen nicht wirklich zu denken. Ich bin ja ein Freund bzw. eine Freundin der schwarz-südafrikanischen Kultur und auch Musik, aber doch bitte nicht wenn man schlafen will. Denn – tatata – ich hatte scheinbar einen ganzen schwarzen Gospelchor an Board. Joo, nett!

Nun gut irgendwann waren wir dann heil gelandet, jetzt noch die Passport-Kontrolle, Koffer vom Gepäckband gefischt, noch mal fix aufs Klo und dann zum Ausgang wo die nächste Aufgabe wartet. Kokkie und Jan erkennen, die mich ja abholen wollen. Nee wie schlau, die beiden standen da mit einem Schild mit meinem Namen in der Hand. Nun flott zu AVIS um dort zu erfahren, dass der Wagen zwar der bestellte Polo ist – hab ich schon erwähnt, dass der Polo ein sehr schönes Auto ist – aber er lediglich bis zum 10.November gebuchen ist. Jaja, in southafrica is all very slow. Diesen Satz höre ich hier immer wieder. Egal, den Wagen im Parkhaus gesucht und dann bisschen mehr als eine Stunde nach Parys gefahren. Meine kleines Häuschen bezogen, Koffer ausgepackt und ganz flott ins Bett.