Die ersten Tage

Den restlichen Freitag und das Wochenende verbrachte ich
damit das Land – also die nächsten 6-7 Blocks – und die Leute genauer unter die Lupe zunehmen. Ich entschied mich dazu, da ich eh noch ein paar Dinge des täglichen Lebens und ein paar Rand abheben wollte, dies außerhalb eines kleinen Archipels zutun.

Mein Polo

Kurzer Hand schnappte ich mir meinen Polo, setzte mich auch auf der Richtigen Seite hinters Steuer aber griff prompt über meine linke Schulter um nach dem Sicherheitsgurt zu greifen. Diese total dämlich aussehende Geste sollte mir in den nächsten Tagen noch einige Male passieren. Ich fuhr dann wie eine Fahranfängerin rückwärts aus der langen, schmalen und total Zugeparkten Einfahrt und murmelte die ganze Zeit wie eine beschwörende Voodoformel
„left“ „left“ „left“. Ging gut, denn ist gar nicht so einfach  rückwärts aus einen Tor zu
kommen und prMein Carportompt die richtige Fahrspur zu treffen. Diese Voodoformel ist beim Abbiegen oder beim Verlassen von Parkplätzen noch mein ständiger Begleiter. Ich hoffe, dass der Voodozauber eine schützende Hand über mich hat, wenn ich auf diesen Straßen unterwegs bin. Horror. Stopp heißt nicht gleich stopp, pah war da eine Ampel die unverschämterweise rot anzeigte – nicht gesehen. Hier scheint die ganze Stadt ein einziger Zebrastreifen zu sein, wer weiß. Ich hab erstmal den Schutzengel, den ich von meiner Mutter bekommen habe, an den Autoschlüssel gemacht. Sicher ist Sicher!

Ich kenn nun schon 3 der zig Supermärkte. Mein erste Begegnung mit hiesigen Supermärkten war „Shoprite Parys“ Philip Ecke Venus Street. Hier hatte ich zusammen mit „allen“ Angestellten viel Saß, denn meine deutsche Kreditkarte lässt sich nicht wie die hiesigen durch einen „Schlitz“ ziehen sondern muss in das Lesegerät gesteckt werden. Diese Technik scheint hier völlig unbekannt und extrem spannend gewesen sein. Aber nun kennt man mich wenigstens. Vielleicht darf ich ja in das goldene Stadtbuch schreiben oder bekomme einen goldenen Einkaufskorb.

In den anderen beiden Supermärkten (Spar und Pick `n Pay – bis jetzt mein Liebling- Supermarkt) gab es auch so einen Auflauf als ich bezahlen wollte.

Was mich aber sehr erstaunt hat ist, dass hier Toilettenpapier in einzeln verpackten Rollen verkauft werden und diese werde von den Menschen gekauft. Einzeln, also immer nur eine Rolle. Hmm, was sagt denn dies aus? Klopapier ist kostbar? Immer nur ein Blatt? Man geht hier nicht kacken? Oder noch schlimmer, man benutzt es nicht immer? Ich mag mir dazu eigentlich keine weiteren Gedanken machen!

Auf jeden Fall sind hier Gemüse, Wurst und Molkereiprodukte sehr teuer, teilweise teurer als in Deutschland. Und Brot, eine Geschichte für sich! Weiß, soft & pappig! Aber ich habe immerhin schon ein Brot entdeckt was dunkel, soft & pappig ist.

Das Leben besteht aber nicht nur aus Einkaufen. Es gibt beispielsweise noch den Pool. Den habe ich bereits getestet. Sooooooo kalt war das Wasser, aber ich habe durchgehalten und 22 Bahnen geschwommen. Hmm, jetzt müsste man nur wissen wie lang eine Bahn ist. Ich gehe sie mal ab, aber nicht jetzt, denn da hab ich mal durchgerungen zu dem in aller Munde seienden Festival zugehen und dann, es blitz donnert und regnet. Aber so, dass man direkt mit dem Bau der Arche beginnen möchte. Ach nennt mich einfach Noah!

Den nun folgenden Abschnitt widme ich allen Tierfreunden und denen, die sofort bestimmte Klischees vor Augen haben, wenn es um das südliche Afrika geht. Steffi und die wilden Tiere. Ja, es gibt sie wirklich, die wilden Tiere. Und ich hab sie schon gesehen, direkt vor meiner Tür. Mit welchem fang ich an, mit dem größten, mit dem kleinsten. Ach ich weiß auch nicht. Ich zähle mal wahllos auf. Am meisten beeindruckt hat mich die grasgrüne Gottesanbeterin, die direkt vor meiner Tür die Mauer hochgeklettert ist. Ungewöhnlich sind auch die vielen Fledermäuse, die in der Abenddämmerung um das Haus flattern und die in dem Zwischenraum zwischen dem Dach und der Zimmerdecke wohnen. Am gefräßigsten sind allerdings die Milliarden Moskitos, die auch bei mir wohnen. Morgens werde ich gegen 5 Uhr von zartem bis nervigem Vogelgezwitscher geweckt. Die zarten Stimmchen gehören einem Vogel(ehe)paar, das wie kleine Bachstelzen aussehen und ein Nest mit Brut haben. Wie schön dass ich durch einen dummen Zufall zu Hause nachgesehen was Vogelnest heißt, diese Vokabel habe ich direkt am zweiten Tag gebraucht. Für alle, die meinen, sie könnte diese Vokabel auch mal benötigen und kennen sie nicht – voila – bird’s nest bedeutet Vogelnest. Ist also nicht so schwer.

Zu den etwas kleiner Tieren gehören diverse Käfer, Fliegen, Spinnen und andere Insekten wie Motten, die entweder faul im Pool liegen – oder sind sie etwa Tod? – oder sich todesmutig in die elektrische Insektenfalle stürzen und dort dann gegrillt werden. Sieht ein bisschen wie ein Feuerwerk aus und macht aber ein ganz fieses Geräusch. Nun aber flott zu dem größten Tier, das total gefährlich im Garten lag. Eine grau-getigerte Katze, die sich in der Sonne putzte. Sorry, wenn ich jetzt den ein oder anderen enttäuscht oder gelangweilt habe, aber ist nun mal ein Stück Realität, dass ich morgens nicht von einem schielenden Löwen wach geleckt werde.

Das Wetter in South Africa ist einzigartig. An einem Tag denkt man die Welt geht unter bzw. versinkt in den Fluten und am anderen Tag ist der Himmel strahlend blau, keine Wolke am Himmel und die Sonne scheint also ob nicht gewesen wäre lediglich das Gras ist noch etwas feucht.

Sonntags gibt es ein besonderes Frühstück. Omeletts gefüllt mit gebratenen Zwiebeln, Tomaten und Wurstscheiben. Ich frage mich in anbetracht der Menge, wer das alles essen soll und ob alle besser privilegierten – mir fällt kein besseres Wort ein – einen hohen Cholesterinspiegel haben, Herzinfarkt gefährdet sind oder ähnliches. Ich schaffe diese Portion auf keinen Fall und habe bis zum Nachmittag keinen Hunger. Ich bin einfach papp-satt. Dazu gibt es „strong-koffie“, was sich als Jakobs Instant Kaffee herausstellte. Ich trinke ihn papp-süß mit viel Milch, wenn schon denn schon. Kokkie sagt, dass nach dem Samstagabend das Wochenende schon vorbei ist. Ich denke, sie meint damit, dass man hier in Parys nicht wirklich viel unternehmen kann. Aber das will ich ja auch nicht. Ich denke, ich fahre mal ein bisschen zum Vaal raus. Als ich Kokkie das erzählte schaute sie mich ganz skeptisch an. Scheinbar gibt es dort nicht zu sehen oder so. Ich werde berichten.

Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass Kokkie ein Spitzname ist? Sie heißt irgendwie ganz anders und Kokkie ist in Afrikaans ein kleiner viel zwitschernder Vogel. Ich finde der Spitzname passt ganz gut, mein es aber nicht böse.

Morgen fängt ein neuer Abschnitt an. Ich werde zum ersten Mal nach Tumahole in das Daycare Centre fahren. Bin schon ein bisschen aufgeregt, denn ich habe nicht die leiseste Vorstellung was mich in Wahrheit dort erwartet. Ok, die Eckdaten kenn ich. Etwa 150 Kinder deren Eltern in den meisten Fällen an AIDS verstorben sind, 5 Mitarbeiter und eine Kultur, die einfach ein bisschen anders tick. Hinzu kommt die Sprachbarriere. Ich kann kein Afrikaans, geschweige denn Sesotho und mein und deren Englisch wird sich bestimmt hervorragend ergänzen. Obwohl ich hätte nicht gedacht, dass mein Englisch so gut ist. Kann mit den Houseguest über Kindererziehung, Mitpreise, Wetter und Krokodilen in Flüssen plaudern.

Habe ich schon erwähnt, dass das hier ein komisches Land ist? Nebst, dass die hiesigen Menschen Toilettenpapier einzeln kaufen, gibt es hier tatsächlich Müllbeutel, die parfümiert und farbig sind. Im Guesthouse sind die Mülltüten lila und duften nach Lavendel. Es gibt aber auch gelbe mit Tropic-Duft, grüne die nach Apfel riechen und so weiter.

Krass finde ich auch, dass ich mir Gedanken mache, wie ich mit dem Kontrast, in diesem House zu leben und in Tumahole arbeiten, umgehe und Kokkie sagt mir, dass sie später mal eine Wasserprobe vom Pool nehmen muss um es analysieren zu lassen, denn irgendetwas würde nicht stimmen, denn das Wasser wäre nicht richtig blau. Es gibt hier wirklich zwei Welten. Aber ich genieße es ja auch, denn ich nutze den Pool und alle anderen Annehmlichkeiten. Komme mir gerade etwas schäbig vor. Aber die Alternative wäre im Township wohlmöglich in einem mokhukhu zu leben, war natürlich unmöglich und vielleicht auch zu gefährlich wäre. Ich versuche einfach, bescheide zu sein, meine Energie ins Daycare Centre zuinvestieren und mich nicht wie der naive, dekadente Tourist zu verhalten. Ich denke dies ist schon eine Menge wert.

One Response to “Die ersten Tage”

  1. Isa sagt:

    Und wie sieht’s mit Kakerlaken aus?? Und toten Tauben? *ggg*

Leave a Reply

You must be logged in to post a comment.