Die erste Woche

Jeder der von sich selber die Eigenart kennt Selbstgespräche zu führen weiß, wie das ist. Man plappert einfach Dinge vor sich hin. Belangloses, Geschimpfe oder einfach nur komische Gedanken, die man in diesem Moment hat. Ich bin auch so ein Mensch. Und manchmal spreche ich schneller ails ich denken kann und – schwupps – schon ist es raus. Aber dies will ich ja gar nicht vertiefen. Ich wollte eigentlich darauf hinaus, dass ich mich immer mehr erwische wie ich meine geliebten Selbstgespräche in Englisch führe. Angefangen hat alles mit „left“ „left“ „left“. Dies ist jetzt fast verschwunden, denn links fahren scheint mir im Blut zu liegen. Man glaubt es kaum, aber man kann wirklich mit 60 km/h durchs Township brettern. Man passt sich hier ganz schnell an. Kreuzungen werden hier meistens durch Stop-Schilder geregelt. An allen 4 Einmündungen und wer zu erst da war, darf nach dem stoppen auch zuerst fahren. Aber Stop heißt nicht, wie in Deutschland, anhalten, im Geiste bis 3 zählen, Gang rein und dann fahren wenn es frei ist. Nein, hier heißt Stop eher langsam werden, Obacht haben und weiter fahren und dies mindestens im zweiten Gang. Und wenn der, der eigentlich zuerst fahren dürfte nicht fährt, dann Pech gehabt. Klar, man muss hier höllisch aufpassen, denn auch wenn es Zebrastreifen gibt, ist trotzdem die ganze Stadt ein einziger Zebrastreifen. Nicht gucken, nur gehen lautet hier die Devise. Außerdem fahren gerade abends hier die Menschen gerne mal Volltrunken. Was sage ich da, abends? Eigentlich immer. Gerade hatten wir Besuch von einem Policeofficer und der war schon nicht mehr ganz sicher auf den Füßen. Ähm um 5 p.m.! Und er war mit dem Wagen da. Ich sage nur 0,5 ‰……..

Ich war heute zum ersten mal im Relebohile Daycare Centre. It’s a nice place. Die Ladies, die dort arbeiten sind sehr freundlich, der Watchman ist auf eine nette Art sehr schüchtern und der Fahrer von „Milk on the move“ hat mir nach einem 2 Minuten Gespräch direkt einen Heiratsantrag gemacht. Aber ich glaube, das war nicht aus Liebe. Ich denke, der will nur zu so einer „reichen“ Frau nach Deutschland. Oder sollte ich doch auf echte Liebe hoffen? J

Kokkie rief mich irgendwann an um mich zu fragen, wann ich denn endlich nach Hause käme. Sie ist ein sehr herzlicher mütterlicher Typ und sie will keinen Ärger mit meiner Mutter bekommen, deswegen passt wie auf mich auf. Sie fragte mich auch gleich, ob sie mir denn steak, chips & salad zum dinner machen soll und wann. Es ist wie im Himmel, aber wie gesagt 2 Welten.

Habe dann, als das Daycare Centre schloss, Josephine nach Hause gebracht und 2 Ladies mit in die Stadt genommen.

Das schrecklichste des Tages war, dass Mpho bereits seit ein Paar Tagen nicht ins Centre kommt. Ich ging dann zusammen mit Josephine zum mokhukhu des Vaters. Mpho ist keine AIDS-Waise, sondern seine Mutter ist abgehauen und der Vater, der meines Erachtens kaum älter als 18 Jahre ist, ist querschnittsgelähmt auf Grund eines Autounfalls. Vater und Sohn bekommen keinerlei finanzielle Unterstützung, was aber eine andere lange Geschichte ist. Auf jeden Fall ist Mpho letzte Woche zu seiner Granny auf eine Beerdigung gefahren, in eine Stadt, die vielleicht eine halbe Stunde entfernt ist. Und nun hat der Vater kein Geld seinen kleinen Mpho (3 Jahre) wieder zurück zuholen. In solchen Momenten will man am liebsten sein Portmonee öffnen, denn diese Fahrt würde den Vater 8 Rand kosten, was umgerechnet 80 Cent sind. Aber dies würde den Vater auch nicht aus seiner Lethargie herausholen, denn wenn er sich etwas mühen würde bekäme er eine Rente für sich und seinen Sohn. Josephine hat aber Erbarmen mit dem Kleinen und da sie am Wochenende eh in dieser Stadt ist würde sie, Mpho, wenn er noch immer dort ist und auch zum vereinbarten Treffpunkt kommt, mit nach Tumahole zurück nehmen.

Neo, der andere kleine Junge, der den ganzen Tag dort ist, da er noch nicht zur Schule geht,nist auch so ein Fall, bei dem einem Tränen kommen könnte. Neo ist HIV-positive und vielleicht schon an AIDS erkrankt, Er ist sehr zart, schmächtig und kränklich. Neo, der anfangs sehr scheu war, kein Englisch nur Sesotho spricht, habe ich mit Cookies bestochen. Josephine brachte mir some Cookies und ein Glas Saft. Neo brachte sie auch ein bisschen Saft aber nur 2 Cookies, ich hatte mindestens 10 oder so auf dem Teller. Als Neos Cookies leer waren habe ich meine mit ihm brüderlich und heimlich geteilt. Ich habe nun einen Fan!

Es muss schrecklich für die Kids sein mit dem Stigma HIV-positive zu leben, da sie um ihren frühen Tod wissen. Klar können sie nicht wirklich anschätzen, was das heißt, früh zu sterben aber irgendwie schon, denn ihre Eltern sind ja auch schon früh gestorben. Tod gedeutet weg sein.

Auf dem Weg zum Mpohs mokhukhu kamen wir an einem Beerdigungsinstitut vorbei und ich bemerkte, dass es ja schon bezeichnend sei, dass auf einem Schild „24h open“ stand. Prompt schleppte mich Josephine hinein und die Lady dort war so begeistert von mir, dass sie mir alles zeigte, auch den Raum mit dem Schild „authorized person only“. Ich habe noch nie in meinem Leben so viele verschiedene Kindersärge gesehen. In Blau, Rosa, Weiß, Särge aus hellem und dunklem Holz, mit und ohne Beschläge und in verschiedenen Größen. Der Anblick war so erschlagend und machte einen so traurig, dass wir schnell wieder gehen mussten. Um noch einen drauf setzten zu können, zeigte Josephine mir den Friedhof und merkte an, dass er nun geschlossen sei, da er überfüllt ist. Manchmal denke ich, dass es schon „gut“ ist, dass niemand die Bevölkerungsrate in den Townships erfasst….

3 Responses to “Die erste Woche”

  1. Elke sagt:

    „10 und 4“, ist heute gefragt, heute bin ich mal Selbstbewußt: ICH SCHAFF DAS!!!!!

    Liebe Steffi,
    ich wußte doch, dass du einen Schutzengel brauchst wenn auch schon ein Policeofficer alkoholisiert mit dem WAgen fährt. I

    „mokhukhu“ was bedeutet das? (Wellblechhütte?)Vieleicht ganz gut, wenn du bei so spezifischen Ausdrücken für deine Mutter eine klitzekleine Erklärung in Klammer schreibst.
    An manchen stellen deines Berichts mußte ich schon ziemlich schlucken. Und ich frage mich, wie kannst du das länger aushalten!
    In Gedanken bin ich immer bei dir!

  2. Isa sagt:

    Hey… yo – Townships und die hohe HIV-Rate sind die downside von Afrika. Wünsch dir viel Kraft die Realität des südafrikanischen HIV zu ertragen. Take care!

  3. Steffi sagt:

    mokhukhu sind wirklich die schaebichsten Wellblechhuetten, die man sich vorstellen kann.

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